Kapitel 1 - by Michi ("Darren"/"Siggi")
Es war ein herrlicher Tag.
Die Sonne schien und spielte mit den Wasserstrahlen aus dem Brunnen vor dem
Rathaus der Stadt ein schillerndes Spiel der Farben.
Doyle
hatte seinen besten Anzug herausgelegt und war überhaupt sehr gut angezogen
heute. Nach dem Rat seines Kumpels Patrick hatte er sich für diesen wichtigen
Tag einmal von seinen üblichen weißen Sportsocken getrennt und schwarze, passend
zur getragenen Seidenhose, Socken über die Füße gestreift. Nachdem er sich die
Krawatte gebunden hatte und in das Jackett geschlüpft war, beschaute er sich um
Spiegel und beendete seinen letzten Minuten in der Wohnung mit einem zufriedenen
lächeln.
Auf
dem Weg zu seinem Casting bei den Werner-Brüdern Studios kam ihm auf einmal sein
Kumpel Patrick über den Weg gefahren. Dieser hatte mal wieder eine ausgedehnte
Mittagspause hinter sich, und war gerade auf dem Weg zum Bahnhof, seinen Dienst
als Taxifahrer wieder anzutreten. Der nächste Zug sollte fahrplanmäßig in elf
Minuten einfahren. Patrick ließ es sich nicht nehmen, Doyle eine
Mitfahrgelegenheit zu den Studios zu geben. Er versuchte immer durch solche
kleine Gefallen Doyle davon zu überzeugen, dass es für alle Beteiligten das
Beste sei, wenn er die 1000 Euro nicht zurückzahlen müsste. Doyle war allerdings
jedes Mal unbeeindruckt und bestand darauf, dass Patrick das Geld zurückgeben
müsse. Nun aber stieg er erstmal fröhlich in das Taxi, aufgeregt und zappelig.
Unterdessen war Dr. Leary gerade dabei, die letzten Drähte seiner, nach alten Plänen nachgebauten, Zeitmaschine anzulöten. In Wirklichkeit glaubte niemand daran, dass Leary irgendwann mal, wie er es seit seinem 11ten Lebensjahr ankündigte, die Welt beherrschen würde. Leary indes arbeitete fieberhaft an seinem Plan und er war davon überzeugt, dass er in die Zeit zurück reisen müsse, um sich selbst die Grundlage für seinen späteren Aufstieg zu schaffen. Er musste nur noch einen Dummen finden, der für Ihn diese Maschine testet. Aus diesem Grund hatte er das Casting ausgeschrieben, um Leute anzuwerben, die er in die Maschine stecken konnte. Er konnte sich jedesmal erst nach einigen Minuten wieder beruhigen, nach seinem bestialischen Lachanfall, wenn er an seinen teuflischen Plan dachte…
Patrick trat auf die
Bremse. Sie waren da. Die Studios lagen vor ihnen, und Doyle bekam langsam aber
sicher immer wackeligere Beine. Er hatte sich Wochenlang auf diesen Tag
vorbereitet. Er hatte Überstunden in „Papa Mojo“, dem Pub in dem er als Kellner
arbeitete, geschoben, nur um sich den Anzug für diesen Tag leisten zu können und
eine gute Figur zu machen. Er hatte sogar Patrick das ein oder andere Mal sitzen
lassen, um sich auf seine Rolle vorzubereiten. Doyle witterte die Chance seines
Lebens. Hier konnte er endlich berühmt werden. Hier konnte er jemand sein. Hier
würden sie ihn nicht nur ansprechen, wenn ein neues Bier auf den Tisch soll.
Hier sollte sich alles ändern.
Patrick
war ebenfalls sehr überwältigt, besonders von den beiden Argumenten der
Empfangsdame, sodass er ebenfalls ausstieg und Doyle anbot, ihn zu begleiten und
Beistand zu leisten. Besorgt um soviel Mitgefühl willigte dieser ein und schritt
voran in Richtung Empfang. Die beiden Argumente der Dame stets im Blick, folgte
Patrick bei Fuß.
Nach einer kurzen Einweisung war es dann soweit. Doyle war sogleich der nächste
auf der Casting-Liste. Jederzeit konnte die Tür aufgehen und Doyle hätte seinen
Auftritt. Doch vorerst tat sich nichts. Doyle und Patrick saßen immer noch auf
der Bank im Warteflur vor dem Auditorium. Sie starrten sich abwechselnd an.
Jeder der beiden war bemüht, nicht zu sprechen, die Konzentration des anderen
nicht zu stören. Nichts. Nichts passierte. Patrick schlief ein, Doyle wurde
nervös. Sollten sie ihn vergessen haben? Sollte er sich im Datum vertan haben?
Sollte gar ein anderer bereits die Rolle bekommen haben?
Leary legte den Lötkolben
beiseite und betrachtete stolz sein Werk. Er hatte es geschafft. Der wie ein
Puzzle aussehende ACME Bausatz hatte sich in eine Maschine verwandelt, oder so
etwas ähnliches.
Jetzt
musste sie nur noch getestet werden. Leary ging in Richtung Tür. Er schaut sich
noch einmal kurz um und ging dann immer schneller, er würde nun einen ersten
Kandidaten herein bitten.
Ernüchterung machte sich breit, als Leary die beiden einzigen wartenden
Gestalten auf dem Flur sitzen sah. Einer kaute an seiner Krawatte, der andere
schlief. Wenigstens sahen sie relativ dümmlich aus. Leary bekam den Hauch eines
Lächeln wieder zurück in sein Gesicht und sagte: „Guten Tag, die Herren. Wer von
Ihnen möchte beginnen?“
Doyle schaute nach oben. Ein Mann stand in der Tür. Scheinbar redete er mit ihm.
Er sah sich den Mann an und merkte wie dieser ihn anlächelte und herein bat.
Jetzt endlich war es soweit. „PeePee. PeePee, aufwachen!“ schrie Doyle Patrick
an. Patrick blinzelte auf und merkte, dass Doyle irgendwas von ihm wollte. Ahja,
sie waren ja in den Studios. Patrick erinnerte sich und sprang ebenfalls auf. „Ay
Sir!“ stieß er spaßig hervor und bemerkte, wie der Mann in der Tür immer weiter
die Mundwinkel nach oben verzog, zu einem breiten Lächeln. Wieso er das tat,
wusste Patrick nicht. Es war ihm egal. Vielleicht hatte der Mann gerade an die
Argumente gedacht…
Leary stellte sich vor und bat beide einzutreten. Doyle folgte der Aufforderung
und auch Patrick ging in das Auditorium. Leary erklärte, dass für einen
ungeheuren geheimen Geheimfilm diese Konstruktion entworfen wurde und nun die
Effektlastigkeit des Geräts auf seine Tauglichkeit geprüft werden müsse. Er
wolle sich außerdem von dem schauspielerischen Können der Beiden überzeugen,
wenn sie so täten, als würden sie eine Zeitreise machen. Doyle war etwas
enttäuscht. Er hatte sich auf eine Rolle als Spielwarenvertreter vorbereitet,
der eines Morgens aufwacht und merkt, dass es keine Kinder mehr auf der Welt
gibt. Ein Horror Szenario, nicht nur für Spielwarenvertreter.
Patrick war von der Idee indes angetan und krabbelte in die Maschine. Doyle, der
nun seinen großen Tag nicht verpatzen wollte, tat es ihm gleich und behauptete
sich durch einen gezielten Tritt in die Beine von Patrick noch den Platz im
vorderen Bereich des Cockpits. Er nahm an, hier würde ihn die Kamera besonders
gut ins Bild bekommen.
Leary war zwischenzeitlich zu seinem Steuerpult gegangen, um die Zeit und die
Koordinaten für die Reise einzugeben. Er war fest davon überzeugt, dass es
gleich beim ersten Mal klappen würde. Deswegen wollte er die Beiden auch gleich
loswerden und gab das Jahr 11 v. Chr. In Nordamerika in den Computer ein. Hier
würden die beiden kaum eine Chance haben, zu überleben, und das war ja genau der
Sinn der Sache. Leary konnte Zeugen und Störenfriede jeder Art nun wirklich
nicht gebrauchen.
Doyle legte den Sicherheitsgurt an, Patrick tat dies ebenfalls und beide
versuchten sich nun im Cockpit an schauspielerischer Leistung zu übertreffen.
Sie verzogen ihre Gesichter und machten Geräusche die einen, wenn man die Augen
schloss, in einen Entbindungsraum während einer hier durchgeführten Entbindung
versetzten. Zum Glück können Männer keine Kinder bekommen.
Leary gab die letzten Instruktionen und drückte dann den Startknopf. Ein leises
zischen ging durch den Raum, es war Learys Katze, die schon den ganzen Tag über
unter üblen Blähungen litt. Während sich Leary noch immer mit der einen Hand die
Nase zuhielt, und mit der anderen Hand versuchte, die Katze zu erwürgen, find
die Maschine plötzlich an zu glühen. Ein leises stottern, ein zischen, die Katze
beteuerte ihre Unschuld, und ein lauter Knall beendeten den Kampf Learys mit der
Katze und deuteten auf einen gelungenen Versuch hin. Die Kabine war tatsächlich
leer. Kein Doyle, kein Patrick. Niemand. Wahrlich wunderbar, dachte sich Leary
und trat an die Kabine heran. Da war wirklich niemand mehr. Genial. Leary hatte
es geschafft. Die Grundlage war gemacht. Nun musste er nur noch einen Plan
aushecken, in welche Zeiten er reisen müsste, um die jetzige Gegenwart zu seinen
Gunsten zu ändern. Aber das kann ja nicht so schwer sein, dachte er sich, und
zog zufrieden aus dem Auditorium.